Mittwoch, 26. Juni 2013

Friday is for literature - Even on a Wednesday

Ein junger Mann betritt das Redepodest. Munteres Getuschel, selbst als er seine Stimme erhebt, zunächst zögerlich, dann sicherer in das Mikrofon lehnend. Ein Wort. Ein zweites. Jedes Wort zu einem Satz, der einen Fluss ergibt. Ihn mitreißt auf den Wogen der Wahrheit, des Verneinten, der abgeschobenen, puren Emotion.

"Unglückliche Umstände verleiteten mich dazu zwei Jahre länger auf dieser Schule zu verbringen als so manch anderer. Ich wuchs hier heran, ich reifte, ich lernte, ich lachte und weinte. Doch nach zehn Jahren kann ich über all diese Menschen, die mein Leben hier auf unterschiedlichste Art und Weise bewegt haben, nur eines sagen:
Die meisten dieser Leute haben nicht den geringsten Funken Anstand im Leib.
Ihr dilletantisches Gehabe breitet sich auf eine Ebene aus die nicht einmal mehr unter dem größten Einsatz aller liberaler Blickwinkel gutzuheißen ist.
Sie sind dumm, ignorant, selbstgefällig und im höchsten Maße unerträglich.
Dabei allerdings furchtbar zufrieden, laben sich in ihrer Eindimensionalität wie die Maden im Speck.
Selbstreflektion ist ein Wort, das nicht einmal korrekt buchstabiert werden könnte, wenn ihr Leben davon abhinge.
Ich bin erschrocken, angewidert, besorgt und nicht zuletzt - Hasserfüllt.
Dankeschön und einen schönen Abend noch. "

Stille breitet sich über die Halle aus, in der keiner es wagt einen Laut von sich zu geben. Sie ist drückend, drängend, spricht von Unglauben, Entsetzen, Empörung gar. Nicht einmal das zuvor gelegentliche Rascheln von schwerer Abendkleidung ist zu hören, wagt es nicht sich zu zeigen. Die Gesichter eingefroren. Abscheu. Eine erstarrte Maske.
Bis ein leises Klatschen aus den hinteren Rängen das Schweigen zerreißt, wie nur ein Donnerschlag es getan haben könnte. Es durchfährt die Anwesenden wie eisiges Wasser, lässt ihre Köpfe umschnellen. Ein zweites Klatschen. Ein Johlen folgt. Bald schon stehen sie da. Aufgestanden wie ein Mensch. Rufend, wie aus einem Munde. Anschwellender Applaus überfällt die völlig überrumpelten Gäste.
Denn dort stehen sie: Die Außenseiter, die Gemobbten, die übrig Gebliebenen der Gesellschaft. All diese, die jahrelang unter unverhohlenem Getuschel, geheuchelter Höflichkeit und abfälligen Blicken leiden mussten, fürchten mussten, zitternd und zweifelnd ihrer Selbst. Sie springen auf. Und erheben zur ihrer eigenen Ehren ein solches Geschrei, das die Halle erzittern lässt.
"Wir sind da!" möchte es sagen. "Und wir gehen nicht fort, wir ändern uns nicht, wir bleiben jene, die wir waren." Jedes Aufprallen von Haut auf Haut, hallt wie ein Echo, hundertfach obgleich so viele der Teilnahmslosigkeit erliegen.
Wir sind hier und ihr könnt uns nicht ignorieren. Jedes Klatschen, jeder Ruf, jede einzelne Stimme schreit es in die Welt hinaus.
Wie ein Mann. Wie eine Frau. Aufrecht.
Ein erstes und ein letztes Aufbäumen, bevor das Buch sich auf ewig schließt

 Gewidmet meiner lieben Schule.

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